Skip to content


So it begins …

Unser Autor eza arbeitet im Krankenhaus, seit kurzem in der Einarbeitung auf der Intensivstation. Aus der Perspektive von „drinnen“ sieht die Coronapandemie wahrscheinlich noch einmal ganz anders aus als „draußen“, wo es plötzlich ganz neue Regeln des Zusammenlebens – und vor allem des nicht-Zusammentreffens – gibt. Wir wollen auf diesem Blog auch eine Gelegenheit bieten, gelegentlich eine Blick nach „drinnen“, hinter die Kulissen des stationären Gesundheitsbetriebs, zu werfen.

Am Patientenbett ist es ganz unspektakulär. Nach Feierabend überkommt mich aber doch für einen Moment ein seltsames Gefühl, wie im Film zu Anfang der epischen Schlacht, wenn plötzlich die Filmmusik laut wird: Seit heute beteilige ich mich an der Versorgung des ersten COVID-19-Patienten auf unserer Intensivstation.

Letzte Woche die Ruhe vor dem Sturm: Der Normalbetrieb im Krankenhaus ist soweit möglich heruntergefahren, in die Notaufnahme kommen wesentlich weniger Menschen, Stationen werden zunehmend leerer und das Personal hat dann doch mal wenigstens eine Schicht, um sich auf der neu eingerichteten Isolationsstation vorzubereiten, die gerade rechtzeitig bereit gestellt wurde. Auf den Fluren und in den Aufenthaltsräumen ist so viel Zeit wie sonst nie, um die neuesten Informationen auszutauschen, Meinungen zu hören, was jetzt das beste wäre, Ängste zu teilen oder Pläne zu entwickeln. Wie unterschiedlich Menschen auf die Ungewissheit reagieren, dazu mehr in einem anderen Beitrag.

Und dann ist nach dem Wochenende der erste Patient da und auf einmal ist alles ganz entspannt, eigentlich wie immer. Die Beatmung muss regelmäßig an die Blutgasanalysen angepasst werden, dazu drückt man ein paar Knöpfe und dreht am Regler. Die Flüssigkeitsgaben und die ausgeschiedene Urinmenge müssen gemessen und danach die Infusionsmenge für den nächsten Tag festgelegt werden. Wir diskutieren, ob der Patient besser auf dem Rücken, auf der Seite oder auf dem Bauch liegen sollte und wann wir ihn gemeinsam drehen. Natürlich ist alles etwas umständlicher, weil wir vor Betreten des Zimmers Schutzkittel, Atemmaske und Brillen anlegen müssen und penibel darauf achten, die Tür zum Vorraum geschlossen zu halten, damit die Unterdruckbelüftung funktioniert. Aber eigentlich ist das Verfahren das gleiche wie bei Patienten mit Grippe und relativ ähnlich wie bei Patienten mit multiresistenten Erregern („Krankenhauskeimen“) – also nichts wirklich besonderes. Von den Kolleg*innen, die diesen Patienten betreuen, hört man keine Ängste oder Vorbehalte mehr, sondern professionelle Informationen oder Rückfragen. Und spätestens diese Professionalität beruhigt dann auch alle anderen.

Erst am Nachmittag kommt dann der Gedanke auf, dass es ganz so einfach auch nicht ist. Jetzt haben wir einen Patienten, bei dem wir mehrere Minuten brauchen, um die Schutzkleidung anzulegen, bevor wir zu ihm gehen, und noch einmal eine ganze Weile, um sie korrekt und ohne Kontaminationsrisiko wieder abzulegen. Statistisch könnten es schon nächste Woche zehn Patienten sein, die wir betreuen müssen – und dann wird es zeitlich eng. Wenn auch noch Personal krank wird und ausfällt, drohen dann doch Situationen wie aus manchen Krankenhäusern in Norditalien berichtet?

Posted in #krankenhaus, #tagebuch, deutsch.